Ukraine
Ich vermutete, dass uns in der Ukraine, einem mitteleuropäischen Land, größere Probleme erspart bleiben würden. Dennoch gestalten sich die Kontakte mit den Lepraärzten des Landes als äußerst schwierig. Die Briefe, die ich an den leitenden Lepraarztschrieb, blieben ohne Antwort. Auch das Gesundheitsministerium gab erst nach hartnäckigen brieflichen Aufforderungen karge Informationen.
Endlich war es so weit, dass ich, wie immer, in Begleitung meines Mannes, nach Odessa fliegen konnte.
Am Flughafen wartete eine Delegation des Leprosoriums mit einer Tafel in der Hand, auf der "Drabik Deutschland" stand. So fanden wir unsere Ansprechpartner schnell.
Nach der Begrüßung und der gegenseitigen Vorstellung wurden wir sogleich gefragt: "Wie haben sie den Standort der Leprakranken ausfindig gemacht? Wir haben es doch so geheim gehalten!"
Unser Gespräch war sehr offen und freundschaftlich. Nach einer Stunde haben wir uns schon geduzt. Wir hatten nicht viel Zeit zu verlieren. So nutzten wir jede Gelegenheit, um uns näher kennen zu lernen und in der Zukunft gemeinsam für die Leprakranken arbeiten zu können .

Unsere Hilfsgüter wurden per Flugfracht transportiert, samt antileprösen und allgemeinen Medikamenten, die vom Deutschen Aussätzigen Hilfswerk großzügig gespendet wurden. Vorerst konnten wir die Hilfsgüter nicht in Empfang nehmen. Die Zollbestimmungen machten uns große Probleme. Drei Tage lang mussten wir diverse Formulare ausfüllen und viele Genehmigungen und Stempel einholen. Ich musste eine Liste der mitgebrachten Medikamente mit Angaben der Wirkstoffe in kyrillischer Schrift anfertigen. Schließlich erlaubte man uns, die Fracht in einem Raum des Leprosoriums unterzubringen. Ein Zöllner verplombte diesen Raum. Eine Zoll-Kommission in Kiew sollte die Hilfsgüter erst in einigen Wochen dem Leprosorium übergeben.
Im Leprosorium selbst hatten wir keine Probleme. Das Personal war sehr freundlich und hilfsbereit. Die Leprakranken waren gesprächig und erlaubten uns zu fotografieren. Sie sind in kleinen Häusern, die sehr gepflegt und gut ausgestattet sind, untergebracht. Jedes Haus ist von einem Garten umgeben. Blühende Blumen vor den Häusern verschönerten den Anblick des Leprosoriums. Bei der gemeinsamen Visite mit dem Chefarzt bei den Kranken klopften wir an jede Zimmertür. Einige Kranke kamen uns mit Lächeln entgegen.

Ich erinnere mich an ein Ehepaar, beide leprakrank. Schon beim Eintreten in ihre Wohnung sprachen sie mich mit meinem Namen an.
Ich war erstaunt, völlig sprachlos. Schließlich war ich zum erstenmal in meinem Leben in der Ukraine. Mit den Leprakranken dieses Landes war ich vorher nie in Berührung gekommen. Dennoch, es war keine Halluzination. Ich habe deutlich gehört: "Guten Tag Romana".
Der Patient bemerkte mein Staunen. "Ich habe sofort gewusst", sagte er, "dass Sie es sind. Wir, d.h. die Leprakranken der Staaten der ehemaligen Sowjetunion, korrespondieren miteinander. Und so wissen wir, dass eine Romana aus Deutschland von einem Leprosorium zum anderen fährt, um uns zu versorgen und zu helfen. Nun freuen wir uns, dass sie endlich auch zu uns kommen."
Insgesamt waren wir eine Woche in der Ukraine. Das genügte, um die Leprakranken kennen zu lernen, ihre Lebensbedingungen zu erspüren, aber auch ihre Nöte und Fragen zu hören.
Zum Zeitpunkt unseres Besuches waren 44 Patienten im Leprosorium untergebracht.
Wir haben einen Arzt des Leprosoriums nach Deutschland eingeladen, um den Kontakt zwischen ihm und uns zu intensivieren. Außerdem haben wir diesen Arzt zu Gesprächen nach Würzburg geschickt, um auch eine Verbindung zum Deutschen Aussätzigen Hilfswerk (DAHW) aufzubauen, die der gemeinsamen Arbeit mit den Leprakranken dienen soll.
2004
Der zweite Besuch der Leprakranken in Kutschurgan, Ukraine, hat im Jahre 2004 stattgefunden.
Ein neuer Patient vom Typ LL (bakterienreiche Form der Lepra) wurde entdeckt: gemeinsame Untersuchung mit Ärzten des Leprosoriums.

2009

2012
Juli 2012, Kutschurgan, Ukraine
Besuch der WHO im Leprazentrum Kutschurgan. Die Situation der Leprakranken wurde eingehend diskutiert, unter anderem von Mr. Sassakawa (WHO) und Dr. Naumov, Chefarzt des Leprazentrums.

