Im Jahr 1994 wurde ganz spontan eine Hilfsaktion für Leprakranke in Kasachstan organisiert. Der Auslöser dafür war ein Film über die Situation der Leprakranken im kasachischen Leprosorium, dem "Kas-Leprosorium", vom Fernsehsender "VOX" im November 1993 gesendet.
Eine kasachische Familie, die sich zu diesem Zeitpunkt bei mir in meiner Arztpraxis in Dinslaken in Behandlung befand, befasste sich mit allen Formalitäten vor Ort und ermöglichte es, dass ich eine Einladung nach Kasachstan erhielt.
Somit gab es eine sachliche Grundlage, sich mit der Organisation einer Hilfsaktion zu befassen.

Kas-Leprosorium
Kas-Leprosorium

Der Aufruf zur Mithilfe fand ein erfreuliches Echo in Dinslaken. Jugendliche und Erwachsene beteiligten sich spontan an der Aktion. Bekleidung und andere nützliche Gegenstände wurden gesammelt und in 70 Umzugskartons verpackt. Darüber hinaus wurden vom Deutschen Aussätzigen Hilfswerk (DAHW) große Mengen an Medikamenten kurzfristig zur Verfügung gestellt. Die gesamte Fracht wurde von Düsseldorf nach Almaty, Kasachstan, geflogen. Der Anschlussflug führte direkt nach Ksyl Orda, wo die Leprakranken in einer wüstenähnlichen Landschaft im Kas-Leprosorium untergebracht sind.
Die Kranken, der Chefarzt Dr. Ismagambetow Asylbieg Schamalowitsch und das Personal im Leprosorium staunten, dass plötzlich Europäer mit einer so großen Fracht bei ihnen auftauchten.
Nach einem aufklärenden Gespräch über unsere Motivation für diese Hilfsaktion wurden sie erst recht bestürzt. Sie fragten sich: "Ist das möglich, dass Menschen anderer Nation und anderer Religion, auf einem anderen Kontinent lebend, von unserer Situation berührt sind?"


Patient
Patient

Die Leprakranken waren sehr offen und interessierten sich zu erfahren, wie es zu einer solchen Hilfsaktion kam. Sie erkundigten sich außerdem sehr genau über die Wirkung der von uns mitgebrachten Medikamente und über die Möglichkeiten, wie man in West-Europa die Lepra heilen kann.
Zu diesem Zeitpunkt beherbergte das Kas-Leprosorium 116 Kranke.
Die überwiegende Zahl der Kranken war körperlich entstellt und verkrüppelt und an ausgeprägten Sehstörungen bis zur Blindheit erkrankt.

Das Kas Leprosorium ist eine zentrale Anlaufstelle zur Bekämpfung der Lepra in Kasachstan. So gelang es uns auch dank der Hilfe der Ärzte vor Ort, die ambulanten Leprakranken, die in drei Lepraambulanzen betreut werden, ebenfalls mit Hilfsgütern zu versorgen.
Die gesamte Zahl der Leprakranken lag zu diesem Zeitpunkt bei ca. 900 Patienten. Der leitende Leprologe des Landes, Dr. Myrsachmetow Jerschan Isatajewitsch, ist für die Bekämpfung der Lepra für ganz Kasachstan verantwortlich.

Die nächste Hilfsaktion fand im Jahre 1995 statt. Es war eine Medikamentensendung von Dinslaken nach Ksyl Orda, die unter Mithilfe der Kasachischen Botschaft durchgeführt wurde.

Im Jahre 1996 erreichte das Kas-Leprosorium erneut eine Medikamentensendung und Sendung von Kindernahrungsmitteln, transportiert von Dinslaken mit einem Sattelschlepper über Karalkapakstan nach Ksyl Orda.

In den folgenden Jahren gelang es mir, drei leitende kasachische Ärzte nach Deutschland einzuladen, um unsere Kontakte zu intensivieren und vor allem einen wissenschaftlichen Austausch zu ermöglichen. Es waren Dr. Ismagambetow Asylbieg Schamalowitsch, Dr. Myrsachmetow Jerschan Isatajewitsch und Dr. Ornambieg Smachanow. Sie wurden von Dinslaken weiter an das Hansen Institut (Leprainstitut) in Würzburg vermittelt, wo für sie auch die Möglichkeit bestand, intensive fachliche Gespräche mit Ärzten des DAHW durchzuführen.
Im Jahre 1999 wurden noch einmal allgemeine, wie auch medizinische Hilfsmittel mit einem Sattelschlepper von Dinslaken nach Ksyl Orda transportiert. Mit dieser Sendung wurden gleichzeitig auch für ein in Ksyl Orda neu gegründetes Kinderkrankenhaus gespendete Medikamente geliefert. Es geschah auf eine dringliche Bitte des kasachischen Konsuls Nurlan A. Kassymkulov.

Im Laufe der Jahre entstand so im Bereich der Leprahilfe eine gute deutsch-kasachische Zusammenarbeit. Das war sogleich auch die fundierte Basis für die Durchführung der "1. Lepra-Konferenz der Zentralasiatischen Länder" im September 1999 in Almaty.

1. Leprakonferenz der Zentralasiatischen Länder
1. Leprakonferenz der Zentralasiatischen Länder

Diese Konferenz wurde gemeinsam mit dem DAHW organisiert und finanziert. Leprologen aus acht Ländern tauschten ihre Erfahrungen aus. Radio und TV haben in Kasachstan über diese Konferenz berichtet. Entscheidendes Ergebnis der Konferenz war, dass für die nächsten fünf Jahre konkrete Wege der Zusammenarbeit beschlossen wurden.
Seit dem ersten Besuch bei den Leprakranken in Ksyl Orda besteht eine kontinuierliche, freundschaftliche Verbindung sowohl zu den Kranken als auch zum leitenden Personal des Kas-Leprosoiums.
Ich bin dankbar, dass dieser wichtige Schritt gelungen ist.

 

April 2006 - Reise nach Kasachstan

Als Gründungsmitglieder der Deutsch-Kasachischen-Gesellschaft folgten mein Mann und ich einer Einladung des Kasachischen Botschafters in Berlin, Herrn Kairat Sarybay, zuammen mit weiteren 11 Mitgliedern einer deutschen Delegation. Anlaß war die Eröffnung der Non-Stop-Fluglinie von Frankfurt nach Astana, der neuen Hauptstadt Kasachstans.
Mittelpunkt unseres Besuches war mein Gastvortrag über die Lepra an der Medizinischen Akademie Astana.

Wahrzeichen von Astana
Wahrzeichen von Astana
Vortrag in der Medizinischen Akademie
Vortrag in der Medizinischen Akademie

2009


Dr. Moldagali Sotaliev
Dr. Moldagali Sotaliev

Meine Verbindung zu Kasachstan ist durchgehend stabil. Da ich Gründungsmitglied der Deutsch-Kasachischen Gesellschaft e.V. mit Sitz in Berlin bin, komme ich häufig mit den vielfältigen Veränderungen des Landes in Berührung.
Die kasachischen Lepraärzte nehmen an allen Leprakonferenzen, die auf dem Territorium der ehemaligen Sowjetunion stattfinden, teil. Der im kasachischen Leprazentrum Ksyl Orda tätige Arzt, Dr. Moldagali Sotaliev, stellte die Situation der Lepra in seinem Lande am Lepra-Weltkongress in Hydarabad, Indien, 2008, in seinem Vortrag vor. Seine Weiterbildung in Bombay ist vorgesehen.
Gleichzeitig ist eine Internationale Leprakonferenz in Ksyl Orda, im Oktober 2009 unter Teilnahme von weltweit führenden Leprologen, vorgesehen.

 

Oktober 2009 - Neue Wege in der Lepratherapie

Während die Zahl der neuen Leprafälle weltweit ansteigt, nimmt Zahl der registrierten Leprakranken aufgrund der effektiven Therapien fortlaufend ab. Deshalb muss die Lepraarbeit neu gestaltet werden. Das war der Inhalt der II. Internationalen Leprakonferenz in Ksyl Orda, Kasachstan im Oktober 2009. Mit einer Resolution wurden die Änderungen in der Lepraarbeit dem kasachischen Gesundheitsminister vorgelegt.

Konferenzteilnehmer
Konferenzteilnehmer

Die im Leprosorium verbliebenen Patienten sind zwar jetzt von der Lepra geheilt, bedürfen aber wegen der Leprafolgen (Verkrüppelungen und Verstümmelungen) immer noch unserer Unterstützung.

Leprafolgen
Leprafolgen
Rollstühle
Rollstühle

 

Juni 2011

Vom 2. bis 3.Juni 2011 fand in Astana, der neuen Hauptstadt Kasachstans, der II. Eurasische Dermatologen-Kongress statt. Im Rahmen dieser internationalen Veranstaltung, laut Vereinbarungen mit Frau Prof. Batpenova, der Leiterin der kasachischen Dermatologen, wurde mir gestattet, eine ausführliche Präsentation der aktuellen Situation der Lepra, samt der Klinik, Diagnostik, Therapie und Forschung, gemeinsam mit dem Direktor des Lepra-Forschungs-Instituts Astrakhan, Russland, vorzustellen.
Es war eine intensive Lepraschulung  für Ärzte.
Nur ein geschulter Arzt ist in der Lage neue Leprafälle zu finden.
Die Schulung war von großer  Bedeutung, da aktuell die Zahl der vorhandenen, schon ausgeheilten Patienten abnimmt. Andererseits hat die Zahl der vorhandenen, aber noch nicht entdeckten Leprakranken weltweit eine ansteigende Tendenz. Eben diese Patienten sind eine Quelle der Infektion!

Kongress
Kongress
Vortrag
Vortrag

 

Auf Einladung der Gesellschaft der Dermatologen Kasachstans, deren Ehrenmitglied ich bin, konnte ich die komplette Problematik der Lepra im Rahmen des II Euro-Asiatischen Kongresses vorstellen.

Leprazentrum – „Kasleprosorium“ in Ksyl Orda, am Aralsee

Der Welt-Lepra-Tag wurde am 31. Januar als „Tag der Hilfe für Leprakranke“ feierlich begangen.

Kongress der Dermatovenerologen in Ost-Kasachstan fand 20-21.2017 in Almaty, der alten Hauptstadt Kasachstans statt. Auf Einladung der Universität stellte ich dort mein Hauptanliegen, den Kampf gegen die Angst vor der Lepra, in den Vordergrund. Es ist mir gelungen, eine Verbindung des Leprazentrums Ksyl Orda am Aralsee mit der Universität in Almaty herzustellen, umso eine breite Akzeptanz der Ärzteschaft für die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu gewinnen.

 

 

Weltkongress der Dermatovenerologen und Kosmetologen in der neuen Hauptstadt Kasachstans. Da gleichzeitig die EXPO 2017 in Astana stattfand, befanden sich im Kongresssaal Ärzte aus fast allen Kontinenten. Es waren für mich spannende Tage wegen einem Gemisch von Sprachen und gleichzeitig „heißer“ Diskussionen. Dabei stellten sich auch Fragen: „Ist das möglich, dass die mittelalterliche Krankheit, die Lepra, noch in unseren Zeiten lebt?“

Expo 2017
Expo 2017

Für die Lepraarbeit öffnete dieser Kongress eine neue Dimension, was für mich von größter Bedeutung war - eine Verbindung des Kasachischen Leprazentrums mit den wichtigsten Universitäten des Landes: Astana und Almaty. Dadurch wird zum ersten Mal der Kampf gegen die Leprophobie, die Angst vor der Lepra, auf einer wissenschaftlichen Basis beruhen. Gelingt dies auch in den anderen Ländern der ehemaligen Sowjet Union, so würde es bedeuten, dass dieser Kongress als ein Meilenstein in die Geschichte der Lepra übergehen wird.

Kongress
Kongress

 

  • Die Stadt Astana (im Jahre 2019 auf Nursultan umbenannt)
  • Ksyl Orda
  • Almaty

 

Anlass dieser Reise war das 90. Jubiläum der Gründung des Kasleprosoriums in Ksylorda. Aus acht Ländern reisten die Lepraärzte an. Dieses Jubiäum fiel zusammen mit dem Jahr, in dem die WHO neue Empfehlungen bezüglich der Lepra veröffentlichte. So fühlte ich mich verpflichtet, der Ärzteschaft in den drei größten Städten Kasachstans über diese WHO Empfehlungen zu berichten.

Daher entschloss ich mich, meine Reise nach Astana, der jetzigen Hauptstadt, und nach Almaty, der vorigen Hauptstadt, fortzusetzen.

Die Universität in Astana war mir gut bekannt, auch die Ärzte der Dermatologischen Fakultät, da ich sie schon zum siebentenmal mit dem Thema „Lepra“ bekannt gemacht hatte.

Die große Feier fand statt in Ksylorda. Sie begann im Haus der Regierung. Dort nahm der Akim (Ministerpräsident des Landes) die Feier zum Anlass, unsere Dinslakener Lepraarbeit in Kasachstan in den zurückliegenden 25 Jahren zu ehren. Er forderte mich auf, über diese Arbeit den anwesenden Ärzten zu berichten. Danach überreichte er mir einen großen Blumenstrauß und übergab mir eine schriftliche Danksagung der Regierung. Das Programm wurde fortgesetzt in einem großen Theater mit Musik und kasachischen Tänzen. Erst dann folgte das medizinische Programm mit einer Reihe von Vorträgen der Ärzte. Die neuen Richtlinien der WHO, übersetzt vom Englischen ins Russische im Russischen Wissenschaftlichen Institut der Lepra in Astrachan, (empfohlen und finanziell gedeckt aus Dinslaken), wurden an alle Ärzte verteilt.

Der Höhepunkt, der Besuch bei den Patienten von Raum zu Raum, bereitete nicht nur den Patienten, sondern auch mir viel Freude.

mit Patienten
mit Patienten
 
Konferenzteilnehmer
Konferenzteilnehmer

Viele gemeinsame Gespräche, Erzählungen und Fotos werden uns in Erinnerung bleiben. Alle Patienten waren schon geheilt. Jedoch sind Verkrüppelungen und Verunstaltungen als Stigma der erlittenen grausamen Krankheit geblieben.

Meine abschließende Station war Almaty, eine 4 Mill. Stadt, 230 km von der chinesischen Grenze entfernt. So war ich auch in der Lage, die neuen Empfehlungen der WHO bezüglich der Lepra weiterzuleiten.