
Die Lepra ist eine der ältesten Krankheiten. Sie existiert seit Beginn der Menschheit über Jahrtausende bis in unsere Gegenwart. Die ältesten Dokumente geben Nachweis vom Vorkommen der Lepra in Indien, China, Äthiopien und Ägypten. Die berühmteste frühhistorische Quelle über die Krankheit ist das Buch Levitikus im Alten Testament. Im Kapitel 13,1-46, taucht der Begriff Tsaraath auf, der mit Aussatz übersetzt wurde. Für ihn gilt jedoch nicht die heutige Begriffsdefinition der Lepra; er ist vielmehr als Sammelbegriff für verschiedene Hautveränderungen zu verstehen.
Das Alte Testament prägte die Haltung der Gesunden gegenüber den Leprakranken mit ihrem Ausschluss aus der Gesellschaft. Im 3. Buch Mose 13,45-46, finden wir die Anweisungen: "Wer nun aussätzig ist, soll zerrissene Kleider tragen und das Haar lose und den Bart verhüllt und soll rufen: Unrein! Unrein! Und solange der Aussatz an ihm ist, soll er unrein sein, allein wohnen und seine Wohnung außerhalb des Lagers sein".
In der griechisch-römischen Antike war den Ärzten das Erscheinungsbild des Aussatzes gut bekannt, auch im byzantinischen und arabischen Kulturkreis, wie auch in West-Europa. Die Benennung der Krankheit war zu dieser Zeit vielfältig. Zwei der bekanntesten Bezeichnungen stammen aus der Antike: Elephanthiasis und Lepra. Die Benennung Elephanthiasis in den antiken medizinischen Schriften erfolgte symptombezogen, einmal wegen der ledernen Verdickung der Haut bei den Leprösen, zum anderen wegen des mit der Krankheit verbundenen außergewöhnlich schweren Leidens. Das Wort "Lepra" findet man in den gesammelten medizinischen Schriften der griechischen Klassik, dem Corpus Hippocraticum, als Bezeichnung für eine schuppende Krankheit.
Seit dem Mittelalter wird dieser Ausdruck als ausschlaggebende Bezeichnung bis in die Gegenwart verwandt.
Schon in der Antike gab es die ersten Bemühungen der Ärzte, das Bild der Lepra nach ihren konkreten Erscheinungsformen aufzuteilen. So sind aus dieser Zeit die vier Formen bekannt: Elephantica, Leonina, Tyria und Alopecia.

Die Leprakranken selber wurden in der Antike von den gesunden Menschen vollkommen isoliert. Sie wurden weder behandelt noch verpflegt. Aus Angst vor Ansteckung vermied man jeden Kontakt mit ihnen.
Erst mit der Verbreitung des Christentums änderte sich durch das Gebot der Nächstenliebe die Einstellung der Gesunden zu den Leprösen. Mehr und mehr wurde von Christen der Einsatz für die Aussätzigen sogar als ein Dienst am leidenden Christus verstanden, z.B. bei der hl. Elisabeth von Thüringen (1207-1231), die den Aussätzigen die Wunden wusch, und bei dem hl. Franz von Assisi (1181-1231), der die Kranken mit Liebe und Achtung pflegte. Die meisten Menschen fürchteten nach wie vor einen Kontakt mit den Leprakranken so sehr, dass man ab dem 12. Jahrhundert die bisher auf freiem Felde außerhalb der Stadtmauern als s.g. Feldsieche lebenden, zwangsweise isolierte. Dennoch stieg die Zahl der Leprösen im frühen Mittelalter bedrohlich an. Um einer weiteren Verbreitung der Seuche wirksam zu begegnen, beschloss das III. Laterankonzil von 1179, den Umgang der Leprakranken mit den Gesunden strikt zu verbieten. "Leprosi cum sanis habitare non possunt". So wurden die Leprösen stigmatisiert.

Sie mussten eine Art kuttenähnliches Gewand, die sogenannte Leprosentracht tragen, und sich bei der Annäherung an die Welt der Gesunden mit akustischen Warninstrumenten bemerkbar machen. Dies geschah mit Siechenschellen, später mit einem Leprosenhorn oder der Lepraklapper. Um eine direkte Berührung mit den Gesunden zu vermeiden, mussten sie Handschuhe tragen. Darüber hinaus führten sie einen Stock mit sich, um beim Erwerb von Gegenständen oder Gütern auf diese zeigen zu können.
Im 12. Jahrhundert gab es in Europa rund 19.000 Leprosenhäuser. Die Einweisung in diese Häuser geschah unter Anwendung von Zwangsmaßnahmen. In Zweifelsfällen mussten sich die Lepraverdächtigen einem Prüfungsverfahren unterziehen, dem sogenannten Examen leprosorum, der Lepraschau.
Eingewiesen ins Leprosorium mussten die Betroffenen die Gelübde der Enthaltsamkeit und des Gehorsams ablegen. Die Betreuung der Aussätzigen in den Leprosenhäusern übernahmen Geistliche. Finanziell getragen wurden die Leprosenhäuser mit Hilfe von Stiftungen und durch Almosen.
Im Spätmittelalter setzte ein Rückgang der Lepra ein. Entscheidend hierfür waren folgende Faktoren:
- Die strenge Isolation der Kranken, wodurch die Infektionskette unterbrochen wurde.
- Die verheerenden Pestepidemien zwischen 1350 und 1450, die insbesondere die Schwächsten wegrafften.
- Deutlich verbesserte hygienische Bedingungen und eine verbesserte Ernährung, bei der die Einführung der Kartoffel in Europa ein bedeutende Rolle als Grundnahrungsmittel spielte.
Ein herausragendes Ereignis in der Geschichte der Lepra fand im Jahre 1873 statt. Der norwegische Amtsarzt aus Bergen, Gerhard Henrik Armauer Hansen (1841-1912 ) identifiziert den Erreger der Lepra, das Mycobacterium leprae und beweist damit, dass Lepra eine Infektionskrankheit ist. Erst das Jahr 1982 bringt endlich die ersehnte Wende im Kampf gegen die Lepra.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) verkündet: "Lepra ist heilbar".
Die Illustrationen dieser Seite stammen aus dem Institut für Geschichte der Medizin der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und sind hier mit freundlicher Genehmigung aufgenommen.